Ein Neuanfang im Lechtal
Was, wenn der Gedanke „Eigentlich wollte ich etwas ganz anderes machen“ nicht mehr nur ein stiller Begleiter ist, sondern zum Ruf wird, dem man folgen muss?
Ich treffe Guido und Doro an einem frostklaren Morgen im Lechtal. Die Sonne taucht die verschneiten Berge in goldenes Licht, während wir über den Hof gehen, den sie vor einigen Jahren gekauft haben. Ein Hof, der nicht nur aus alten Balken und Mauern besteht, sondern aus Mut, aus Entscheidungen, aus einer Vision.
Früher führte Guido eine Zahnarztpraxis. Das Leben war vorhersehbar, eingetaktet zwischen Patienten, Rechnungen und Verpflichtungen. Doch irgendwann kam der Punkt, an dem sich Routine wie Stillstand anfühlte und der Wunsch Bergbauer zu sein einfach zu groß war. Also wagten Guido und Doro den Schritt ins Ungewisse: Sie verkauften die Praxis und zogen in die Berge.
Während Guido in den Ausbau des Hofes all seine handwerkliche Energie steckt, sorgt Doro mit ihrem feinen Gespür für Farben, Formen und Architektur dafür, dass jede Ecke eine Geschichte erzählt. In der Scheune hängt eine Sauna zwei Meter über dem Boden – eine ihrer vielen kreativen Ideen bis ins letzte Detail ausgetüftelt. Ihr eigenes Zuhause haben sie im Dachgeschoss geschaffen, mit einer Terrasse, die einen Blick über das ganze Tal schenkt.
Auch die Dorfbewohner haben längst bemerkt, dass da jemand mit Talent und Tatkraft zugezogen ist – Guido wird inzwischen für lokale Projekte angefragt.
Diesen Winter ist war es zum ersten Mal soweit: Die ganze Familie kommt zusammen, reiste aus allen Himmelsrichtungen ins Lechtal, um hier Weihnachten zu feiern. Wenn der Hof von Stimmen und Lachen erfüllt ist, Kerzenlicht die Holzbalken wärmt, die Kinder und Enkel lachen und der Duft von Tannenzweigen in der Luft liegt können sich Doro und Guido selbst auf die Schulter klopfen. Vermutlich haben sie sogar noch mehr geschafft als sie vorhatten.
Es sind diese Geschichten, die mich als Fotografin faszinieren. Geschichten von Menschen, die den Mut haben, das Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Denn am Ende ist es doch so: Das Glück ist mit den Mutigen.


















